Glutinleim ist ein Sammelbegriff für natürliche Leime, auch Warmleime genannt, welche aus tierischen Nebenprodukten hergestellt werden.

Die Ausgangsstoffe sind hierbei namensgebend. So gibt es:

  • Knochenleim, hergestellt aus Knochen
  • Hautleim, hergestellt aus Häuten
  • Hasenleim, hergestellt aus vorrangig Häuten von Hasen und artverwandten Tieren
  • Glutin ist der Hauptbestandteil der Leime. Ähnlich der Gelatine handelt es sich hierbei um ein Stoffgemisch aus tierischen Proteinen.

    Das Wort Glutin lässt sich wie auch das englische Wort "Glue" aus dem lateinischen Wort "Glutinum" ableiten und bedeutet so viel wie "Leim".

    Wann erstmals geleimt wurde lässt sich nicht mehr feststellen. Bereits 4000 v.Chr. kochten die Sumerer aus Tierhäuten eine Art Klebstoff. Auch im alten Ägypten gab es Kenntnisse über die Leimherstellung aus tierischen Materialien, man fand eine Tafel Hautleim in dem Grab von Tutanchamun. In Wandmalereien lässt sich die Möbel- und Leimherstellung erkennen, weiterhin fand man verleimte Möbelstücke. Die Kunst des Leimsiedens wanderte später zu den Römern und Griechen. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Glutinleime für sämtliche Holzverleimungen und viele andere Anwendungen verwendet, erst ab Einführung der Weißleime auf Erdöl-Basis wurden die Warmleime vom Markt verdrängt.

    Hersteller von Musikinstrumenten (Gitarren, Klavieren, Akkordeons, Streichinstrumenten wie Violinen, etc.), Hersteller von Urnen und Särgen (aufgrund der biologischen Abbaubarkeit), Restauratoren (Möbel und Bild) und viele andere Holzverarbeiter vertrauen weiterhin diesen bewährten Klebstoffen.

    Auch für:

    • Papierverarbeitung, Pergamentleim
    • Buchbinder
    • Mal- und Vergoldungsgrundierungen
    • Christbaumschmuck
    • Karnevalswagen / Großplastiken
    • Textilverarbeitung
    • Bilderrahmen, Barockrahmen (Herstellung von Modelliermasse mit Gips)
    • Herstellung von Schleifmittel
    • Gummierungen

    eignen sich Glutinleime.



    Leimherstellung:


    Früh erkannte man, dass verschiedene tierische Materialien, verschiedene Qualitäten von Leim ergeben.

    Bei der Herstellung müssen die Knorpel abgetrennt werden, da aus diesen kein Glutin hergestellt werden kann, sondern ein Stoff namens Chondrin, welcher zwar auch einen Leim ergibt, der Klebrigkeit von Glutin aber entschieden nachsteht.

    Zunächst werden Knochen oder Häute (Leimleder) zerkleinert, entfettet und entmineralisiert.

    Das Kollagen der Häute und Knochen wird über mehrere Wochen bzw. Monate in einer Calciumhydroxidlösung alkalisch aufgespalten.

    Bei Kochen mit warmem Wasser wird dem Rohleim das erste Extrakt Glutinlösung entnommen.
    Glutin entsteht durch Einbau von Wassermolekülen in den Makromolekülverband der Kollagene während des Kochens.
    Nach mehrmaligem wiederholen mit immer höheren Wassertemperaturen erhält man Glutinlösungen unterschiedllicher Qualitäten.

    Die Extrahierung bei niedriger Temperatur führt zu hoher Gallertfestigkeit, einem hohen Bloomwert. Je mehr die Temperatur steigen muss um die Kollagene zu extrahieren, desto niedrigere Gallertfestigkeiten sind zu erwarten.

    Die entstandenen Lösungen werden durch mechanisches Separieren von Faser- und Fettrückständen getrennt und danach eingedampft.

    Die Masse wird durch einen Perlator geformt und fährt durch den Trockentunnel.
    Es entsteht ein Granulat, sonst wird der entstandene Leim gemahlen oder geschrotet.

    Leim in Granulat-, Kristall- oder Pulverform ist leichter abzumengen und schneller vorzubereiten. Für genauere Informationen sehen sie sich bitte die Verarbeitungshinweise, die genauen Quellzeiten und Mischungsverhältnisse in den Produktbeschreibungen an.





    Vorteile von Glutinleimen gegenüber von Weißleimen


    In den meisten Anwendungsbereichen steht ein Glutinleim einem Weißleim in nichts nach.

    Die Festigkeiten von Glutinleimen übertreffen Weißleime bei weitem, es können Klebekräfte von bis zu 1,6 Tonnen pro cm² erreicht werden.
    Für beste Ergebnisse verwenden Sie unsere Spezialhautleime.

    Die Dauerhaftigkeit einer Verklebung ist gegeben, wie 3500 Jahre alte Möbelstücke aus ägyptischen Gräbern beweisen.

    Weißleim wird aus Erdöl hergestellt. Die sogenannten PVAC-Leime sind Kunststoffdispersionen.

    Glutinleime werden aus Nebenprodukten der Lebensmittelindustrie hergestellt.

    Glutinleime sind ökologisch unbedenklicher als Weißleime.

    Glutinleime sind auch in unverarbeiteter Form unbedenklich, weisen im Gegensatz zu Weißleimen keine Topfkonservierungsmittel auf, keine Isothiazolinone
    (auch: Isothiazolone), kein Mikroplastik.



    Begriffsbestimmung:

    Hinweis: Die angegebenen Bloomzahlen und Millipoiseswerte gelten nur zur Orientierung bzw. zur Vergleichbarkeit der Leimeigenschaften.
    Zur Herstellung des verarbeitungsfertigen Leims werden Mischungen wesentlich höherer Konzentration verwendet als die nachfolgend genannten.

    Bloom:

    Gibt Aussage über die Gallertfestigkeit des Klebstoffs.

    Allgemein gilt:
    Je höher ein Bloomwert ist, desto schneller, härter und temperaturbeständiger ist die Verklebung.
    Je höher ein Bloomwert ist, desto höher sind die Schmelz- und Gelierpunkte seines Gels und desto kürzer sind seine Gelierzeiten.

    Bloom oder auch Bloomgramm wird gemessen indem eine 6,6%ige Lösung 17 Stunden lang bei 10°C erstarrt und in diese ein Stempel gedrückt wird.

    Millipoises:

    Gibt Aussage über die Viskosität des Klebstoffs.

    Allgemein gilt:
    Je niedriger die Viskosität, desto besser ist die Benetzung des Klebstoffs auf der Oberfläche.

    Die Viskosität wird gemessen mit einer 10%igen Lösung bei 60°C.



    Restauration:


    Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurden für Holzverleimungen fast ausschließlich Glutinleime verwendet. Diese Verleimungen sind reversibel und lassen sich zerstörungsfrei öffnen, demzufolge besonders reparaturfreundlich. Der volle Charakter des Werkstücks bleibt erhalten und die erneute Verleimung mit einem Glutinleim lässt eine Restauration in weiterer Zukunft wieder zu.

    Das Regelwerk über die Konservierung und Restaurierung von Kunst und Denkmälern, die Charta von Venedig, setzt sowohl einen Wert auf althergebrachte Arbeitsweisen als auch auf Reversibelität und Schutz der Originalsubstanz.

    Das Arbeiten mit Weißleimen (PVAC-Leimen) ist hier nicht angebracht, da diese Verleimungen bei einer erneuten Restauration gefährden, dass das Werkstück zerstört wird.


    Wiederauflösen einer Verleimung:

    Den Verleimungen muss Feuchtigkeit und Wärme zugeführt werden, wie kommt auf die Art der Anwendung an.
    Bei Furnieren oder kleineren Verleimungen Wasser aufpinseln oder einen nassen Lappen auf die Stelle legen und die Stelle mit einem Föhn oder einem Bügeleisen (nicht zu heiß, 50°C reicht aus) erwärmen.
    Bei tieferen Verleimungen (Nut und Feder, gezinkt oder Zapfen, allgemein Vollholz) muss man die Verleimung in einem warmen Wasserbad für eine Dreiviertelstunde auflösen.

    Vor einer erneuten Verleimung mit einem Warmleim sollte das Werkstück trocken sein und die Oberflächen aufgeraut.


    Wissenswertes:


    "Leimsieder" ist ein Begriff aus der Glutinleimherstellung und bezeichnet den Beruf des Kochs, welcher langwierigen den Rohleim kocht. Kann aber auch jemanden beschreiben, der sich besonders viel Zeit mit seiner Arbeit lässt.

    Leimpinsel wurden traditionell, bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts, ohne Metall hergestellt, da Metallionen zu Verfärbungen des Leims und des Holzes führen können. Auch werden die Struktur des Leims und die Festigkeiten beeinträchtigt.